Gabriel Chemie produziert Masterbatch an 9 Standorten in Europa. Das Unternehmen ist ein klassischer Hidden-Champion am europäischen Markt. Aus dem Vorstand und der Eigentümer-Struktur wurde die Forderung nach einer umfangreichen Digitalisierung und Modernisierung postuliert. Dafür wurde ein Partner gesucht, der in diesem Bereich hohe Kompetenzen hat und nicht nur beratend tätig sein kann. Also ein Unternehmen mit einem starken Consulting-Team und einer modernen Software-Entwicklung mit hohen Kompetenzen im Bereich von künstlicher Intelligenz. Dieser Partner wurde mit der STRG.AT gefunden. Seit 2021 läuft die Kooperation bereits und es werden noch viele Projekte folgen.

ERP

AI-Modells

FORECASTING

DATA

CONSULTING

Wer ist Gabriel Chemie?​

Gabriel Chemie, gegründet vor etwa 50 Jahren, ist ein führender Hersteller von Masterbatch. Das Unternehmen produziert an neun europäischen Standorten Kunststoffadditive, die auf spezifische Kundenanforderungen zugeschnitten sind. Mit Hauptsitz und größtem Produktionsstandort im österreichischen Guntramsdorf, südlich von Wien, beschäftigt Gabriel Chemie rund 600 Mitarbeiter.

Was ist Masterbatch?​

Unter dem Begriff Masterbatch versteht man Kunststoffadditive in Form von Granulaten mit Gehalten an Farbmitteln und/oder Additiven, die höher sind als in der Endanwendung. Sie werden dem natürlichen Kunststoff (Rohpolymer) zum Einfärben bzw. zur Veränderung der Eigenschaften beigemischt.

Every business is a software business now

Wir starteten mit einem Beratungsprojekt, um die Grundsatzfragen und die strategische Ausrichtung eines digitalen Transformationsprozesses eines Familien-Betriebs in der Industrie zu klären. 

Dieses bekannte Zitat des Forschers Dean Leffingwell bringt die Sache relativ gut auf den Punkt. Digitale Transformation ist Chefsache. Sie muss im Management-Board verankert sein. Sie kann in ihren Teilaufgaben delegiert werden, aber sie bleibt dabei Chefsache. Wenn sie erfolgreich sein soll, wird sie zu einem ständigen Begleiter des gesamten Unternehmens. 

Was aber bedeutet das für einen Hersteller von Masterbatch, der in seinem Kerngeschäft Extruder betreibt, Kunststoffe veredelt und daraus besondere Produkt-Grundlagen produziert?

Im Prozess der Organisations-Entwicklung wurde zunächst eine neue Abteilung geschaffen, die liebevoll “Digi” genannt wird. Diese hat eine wesentliche Kernaufgabe, nämlich die Digitale Transformation des Unternehmens voranzutreiben. Darunter verstehen wir ein radikales Neudenken von Produktions- und Geschäftsprozessen.

Digital transformation is the integration of digital technology into all areas of a business, fundamentally changing how you operate and deliver value to customers.

It's also a cultural change that requires organizations to continually challenge the status quo, experiment, and get comfortable with failure.

Dean Leffingwell,
Scaled Agile Framework

Es geht also im Wesentlichen darum, Disruption zu vermeiden, indem man die eigene disruptive Kraft entfaltet. Die Mitbewerber von morgen werden andere sein, als jene, die wir heute kennen. Vor diesem Hintergrund erarbeiten wir die wesentlichen Stärken und generieren daraus innovative Projekte. Was sind nun die kulturellen Veränderungen, die ein Unternehmen braucht, um einen Weg in die Zukunft zu finden?

Hier finden wir den Grund, warum wir Digitale Transformation nicht in den klassischen operativen Abteilungen des Unternehmens ansiedeln. Es braucht ein Experimentierfeld, auf dem eine andere Arbeitsweise an den Tag gelegt wird, ohne den laufenden Produktionsbetrieb zu gefährden. Projekte werden dort gestartet, sie werden getestet und dürfen auch scheitern. Erst wenn sie sich innerhalb dieser “Sandbox” bewähren, können sie im gesamten Unternehmen ausgerollt werden.

DIGITAL CONTROL CENTER

In der Ausgangssituation waren die Produktions- und Logistiksysteme bei Gabriel Chemie durch unterschiedliche Instanzen des ERP-Systems und manuellen Prozessen geprägt. Dies führte zu Herausforderungen wie Doppel-Produktionen, ineffizienter Kommunikation und einer fragmentierten Datenbasis.

Das Projekt strebt an, diese Probleme durch eine zentrale Steuerung und Automatisierung zu lösen, wobei alle Standorte in das neue System und die automatisierten Prozesse einheitlich integriert werden sollen.

Wir begannen unsere Entwicklungs-Arbeit mit einem Großprojekt.

Eine Planungssoftware, die in ihrem Endausbau eine vollständige Automatisierung der gesamten Supply Chain vorsieht. Dabei wurde ein Software-Layer entwickelt, der alle ERP Systeme der einzelnen Standorte zusammenfasst und eine zentrale Planung ermöglicht. Sämtliche Lagerbestände aller Standorte und die eingegangenen Bestellungen aus dem Vertrieb wurden zusammengeführt. Die gesamte Produktionskapazität wurde in einem Interface abgebildet, sodass Aufträge in einer Timeline von einem Standort zum anderen per Drag&Drop verschoben werden können. Im Hintergrund werden dabei sämtliche ERP-Prozesse ausgelöst, die dafür nötig sind. Um den beachtlichen ROI eines solchen Projekts zu heben, muss zuerst eine ganze Reihe von Problemstellungen, die bei einer solchen Vereinheitlichung entstehen, gelöst werden.

Datenkonsistenz ist für Datenprojekte unbedingt notwendig.

Im Prozess zeigte sich, dass an den einzelnen Standorten unterschiedliche Prozesse gelebt und Systeme unterschiedlich genutzt werden. Vor dieser Problematik stehen sehr viele Unternehmen. Solange operative Prozesse funktionieren, gibt es für Mitarbeitende kaum Gründe, ihr erlerntes Verhalten zu verändern oder anzupassen.  Im Zuge der Digitalisierung müssen diese Prozesse und ihre Wirkungsweisen jedoch harmonisiert werden.

Die berühmte 80:20 Regel tritt hier zu Tage.

Nur 20% der Aufwände in Datenprojekten fließen direkt in die Software-Entwicklung. 80% werden benötigt um Daten zu harmonisieren und ihre Qualität sicherzustellen. Man könnte daher in Versuchung geraten, die benötigte Datenqualität im Vorfeld herzustellen. Die Erfahrung zeigt uns, dass das nur in den seltensten Fällen funktioniert. Es gibt keinen Reason-Why, keinen ausreichenden Grund dafür. Von Mitarbeitenden wird ein Eingriff in ihre erlernten Prozesse als eine Form der Überbürokratisierung verstanden. Erst durch einen Software-Prozess und die Herstellung einer gemeinsamen Plattform wird ein gemeinsames Verständnis hergestellt, dass diese Veränderungen nicht planlos sind, sondern ein klares Ziel verfolgen – und nur dann funktioniert es auch.

Die Umsetzung des Projekts “Digital Control Center” wurde dadurch verzögert. Das passiert in vielen ERP Projekten. Wir können daran sehen, wie wichtig es ist, die laufende Produktion in einem Industrie-Betrieb nicht zu gefährden und parallel an neuen Strukturen und Software-Lösungen zu arbeiten.

So sieht unsere interne Ideenskizze aus zum Einsatz von Daten und KI-Modellen zur langfristigen Umsatzsteigerung.

POC - MVP - PRoduct

Wenn im Unternehmen der Experimentiergeist erst einmal entfacht ist, wird es einfach, weitere Projekte zu finden, in denen Herausforderungen mit modernen Software-Ansätzen gelöst werden. In der Regel funktioniert dieser Prozess nach einem immer gleichen Muster:

Diese Herangehensweise stellt sicher, dass Projekte, die im Rahmen der digitalen Transformation entwickelt werden, dem Unternehmen wirklich helfen und mit relativ geringen Mitteln getestet werden können. Wir stehen oft vor der Herausforderung, dass Daten vorhanden sind, die die Realisierung eines bestimmten Ziels eigentlich ermöglichen sollten. Im PoC kann sich jedoch zeigen, dass die Qualität der Daten das gewünschte Ergebnis einfach nicht ermöglicht, oder die Herangehensweise grundsätzlich falsch ist. In den meisten Fällen erhält man aber mit relativ wenig Budget die Sicherheit, die man braucht, um ein Projekt danach zur Produktreife führen zu können. Nach einer erfolgreichen PoC-Phase weiß man, dass das Vorhaben möglich ist und man erkennt die Komplexität, kann sie einschätzen und beziffern. Dieser sehr effektive Weg ist international anerkannt und kommt in den meisten unserer Digitalisierungsprojekten zum Einsatz.

DEMAND FORECAST

Die Lieferzeit an Kunden im Unternehmen soll von durchschnittlich 8 Wochen auf 2 Wochen reduziert werden. Der große Haken dabei ist die Verfügbarkeit von Rohstoffen und die richtige Lagerhaltung. Dieses Problem kann durch ein Forecast Modell gelöst werden. Da wir aber im Vorfeld nicht wissen können, ob die vorhandenen Daten das ermöglichen, ist es notwendig zu experimentieren.

In einem PoC wurde erarbeitet, ob die Qualität der historischen Daten des Unternehmens ausreicht, um einen Blick in die Zukunft daraus ableiten zu können. Dazu wurden sämtliche Lagerbestände, Verkaufsbestellungen und Produktionsaufträge der letzten 10 Jahre in ein Zeitreihenmodell überführt. Der Prototyp dazu visualisiert die vorhergesagten Ergebnisse und ermöglicht einen Vergleich mit realen Zuständen zu bestimmten Zeitpunkten. Damit kann die Qualität der Prognosen geprüft und unterschiedliche Algorithmen für die gleiche Aufgabenstellung getestet werden. Man wird schnell erkennen, dass man verschiedene Algorithmik benötigt, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erhalten. Weitere externe Daten, wie beispielsweise aktuelle Studien zur Marktentwicklung oder Rohstoffpreisen, können integriert werden. 

Digital Twins in der Produktion

Wenn die Freude an Experimenten erst geweckt ist, wird Kreativität groß geschrieben. Derzeit arbeiten wir an einer Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut und der TU-Berlin, um die Möglichkeiten, die gesamte Produktion des Unternehmens mit Digital Twins zu simulieren, zu prüfen. Die Problematik lässt sich wie folgt kurz umreißen. Im Labor werden neue Produkte entwickelt. Diese werden auf kleinen Extruder-Maschinen produziert und im Folgenden auf ihre Ausprägungen getestet. Daraus resultieren “Rezepte”, die ein Mischungsverhältnis sowie einen Produktionsablauf beschreiben. Diese Rezepte sind auf die große industrielle Produktion jedoch nicht anwendbar und müssen dafür neu entwickelt werden. Dieser Schritt soll über Digital-Twins simuliert werden und die Möglichkeit geschaffen werden, aus dem Labor auf die industrielle Fertigung zu skalieren.

Die Diskussionen dazu mit Forschungseinrichtungen und Universitäten sind sehr spannend. Mit Stand Ende 2024 gehen wir davon aus, dass wir noch 2025 einen Proof-Of-Concept dazu entwickeln werden, wie die gesamte Produktion simuliert werden kann.

STRG.agents und synthetische Daten

Eine sehr spannende Überlegung liegt darin, den E-Commerce Bereich, der natürlich rein auf B2B ausgelegt ist, zu optimieren. Hier bietet sich die Möglichkeit, Agenten zum Einsatz zu bringen. Wir haben in einer intensiven Forschungsphase, in Kooperation mit der FFG und einigen Universitäten ein System entwickelt, dass uns erlaubt, Daten zu simulieren und automatisiert die optimalen Klickwege zu “errechnen”. Ein weiteres Projekt, das künstliche Intelligenz zum Einsatz bringen kann und mit relativ wenig Aufwänden zu großartigen Ergebnissen führen kann.

KI-Lösung für E-Commerce

Unsere Forschung wurde in Advances in Conceptual Modeling veröffentlicht und auf der ER: International Conference on Conceptual Modeling präsentiert.

Eine Kultur der Innovation

Das Feld von künstlicher Intelligenz, sobald man den Blick vom derzeit gehypten Einsatz generativer KI lösen kann, bringt große Möglichkeiten in der Industrie. Rechenmodelle und die Nutzung von Daten erfahren durch KI völlig neue Dimensionen, die bisher kaum betrachtet wurden. Es braucht viel Know-How, viel an mathematischem Verständnis und viel Offenheit, um bestehende Prozesse aufbrechen zu können. In der neu geschaffenen Abteilung für digitale Transformation liegen derzeit noch 10 weitere Projekte, die getestet und umgesetzt werden wollen.

Nur mit dem absoluten Willen zu innovieren kann in einem Unternehmen Stabilität erzeugt und gewährleistet werden, auch in Zukunft auf den internationalen Märkten bestehen zu können.

Haben Sie Fragen?

Unser Beraterteam ist für Sie da. 

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